Freitagsblues:
putzen, schrubben, Ata-Orgie.
So bereitwillig Heidrun
Bischoff am Mittwoch auf die große Hausreinigung
verzichtet hatte, um im Schulterschluß mit Paul Sabine
Bosch gegenüber Teameinigkeit zu beweisen, so vehement
hatte sie schließlich doch auf die Durchführung einer
Putzaktion am Freitag bestanden. Als Verfechterin der
Meinung, daß es für Drogenabhängige ebenso wichtig
ist, Ordnung in ihr äußeres Leben zu bringen wie in ihr
inneres, forderte sie aufgeräumte Wohn- und Schlafräume
und eine blitzsaubere Küche. Und zwar gleichberechtigt
neben Einzelgesprächen, Selbsterfahrung und
Gruppendynamik.
Das Restteam hatte sich
zur Beratung zurückgezogen, um gemeinsam die Folgen des
Leitungswechsels zu diskutieren und um die Mehrarbeit,
die durch das Ausscheiden der Teamärztin entstehen würde,
auf die einzelnen Kollegen zu verteilen.
Renate war unter Bergen
von Akten vergraben. Sie prüfte die Hypothese, wonach
ein Zusammenhang bestand zwischen Karl-Heinz'
Briefumschlag und den Knastaufenthalten der TESO-Frauen
in den Jahren 1992 bis 1994.
MM, die in ihrer Rolle
als Ersatzarbeitspädagogin durchaus eine ernste
Herausforderung sah, hatte daraufhin gemeinsam mit
Heidrun die Aufgabe übernommen, den Gruppenmitgliedern
einzelne Putzbereiche zuzuteilen und den Ablauf des Großputzes
zu überwachen.
Da kam Bewegung ins
Leben: Der Staubsauger brummte, bis der Motor qualmte,
die Putzmittelorgie - öko, versteht sich - näherte sich
nie dagewesenen Höhepunkten, die Mangel mangelte Mangelwäsche.
Kurz, da blieb kein Eckchen trocken.
Aber natürlich gab es
auch in der TESO Klienten, die die Arbeit nicht gerade
erfunden hatten. Etliche beklagten sich, daß sie
arbeiten müßten, während Helmut sich in der Quarantäne
auf die faule Haut legen könne. Aber die meisten Nörgler
gaben sich zufrieden, als Heidrun ihnen versprach, Helmut
müsse sein Quarantänezimmer selbstverständlich alleine
grundreinigen und außerdem stehe ihm noch ein Verhör
durch den Kripomann bevor, dem sie alle die aktuelle
Ausgangssperre zu verdanken hätten.
Dennoch gab es einige
hartgesottene Drückeberger unter den Bewohnern. Gäbe es
Preise für die phantasievollsten Ausreden, so hätte
diesen Gruppenmitgliedern sicher ein summa cum laude für
formvollendete Arbeitsvermeidung zugestanden.
Harald beispielsweise
hatte von Anfang an geknöttert "Freitagmorgen, fast
schon Wochenende - un ich soll anne Schüppe!".......
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